Der Weg zu einer nationalen Sicherheitsstrategie

Unser Fachgespräch am 11. Oktober

  • Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag vereinbart, erstmals eine umfassende nationale Sicherheitsstrategie zu erarbeiten.
  • Die Sicherheitsstrategie wird unter der Federführung des Auswärtigen Amtes ressortübergreifend und in einem breiten Dialogprozess erarbeitet.
  • Im Rahmen unseres Fachgesprächs haben wir uns mit unseren Gästen und Expert*innen über die außen- und sicherheitspolitischen Herausforderungen und zentrale Elemente einer solchen Sicherheitsstrategie in Zeiten des Umbruchs ausgetauscht.

Am 11. Oktober 2022 nahmen auf Einladung der grünen Bundestagsfraktion ca. 100 Gäste am Fachgespräch „Der Weg zu einer nationalen Sicherheitsstrategie“ im Paul-Löbe-Haus teil.

Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine und den schwerwiegenden Auswirkungen sowohl auf die Sicherheitsordnung in Europa als auch auf die Ernährungs- und Energiesicherheit weltweit kommt die nationale Sicherheitsstrategie in einer Zeit des Umbruchs.

Gemeinsam mit Dr. Christoph Heusgen, Vorsitzendem der Münchner Sicherheitskonferenz, Prof. Dr. Ursula Schröder, der wissenschaftlichen Direktorin am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) und Michael Scharfschwerdt, dem Leiter des Planungsstabs im Auswärtigen Amt, haben sich aus der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Merle Spellerberg, Jürgen Trittin und Agnieszka Brugger darüber ausgetauscht, vor welchen sicherheitspolitischen Herausforderungen Deutschland aktuell und in den nächsten zehn Jahren steht.

Menschliche Sicherheit im Fokus

In der Diskussion wurde verdeutlicht, dass menschliche Sicherheit das zentrale Konzept ist, um Sicherheitspolitik resilient zu gestalten und nachhaltig zu sichern. Die Sicherheit aller Menschen, der Schutz der Demokratie, die Wahrung aller Menschenrechte und des Friedens sind elementarer Grundstein für die nationale Sicherheit Deutschlands und damit das größte nationale Interesse und Ziel. Es wurde auch darüber gesprochen, dass das Schutzversprechen des Staates noch weiter gefasst werden kann, als nur auf menschliche Sicherheit. Auch der Schutz des Planeten und unserem natürlichen Lebensumwelt ist Teil einer resilienten Sicherheitsstrategie.

Umfassende Sicherheit neu denken

Dabei steht diese Strategie vor großen Herausforderungen. In den letzten 20 Jahren gab es im Bereich Sicherheit keine Veränderungen, so Ursula Schröder. Auf dem Panel wurde darüber diskutiert, dass die Dimensionen von Sicherheit nicht klar zwischen innen und außen trennbar seien. Dabei sei Sicherheit nie ein festes Konzept, sondern etwas, das stets gegen Freiheit aufgewogen und neu kalibriert werden muss. Deshalb wurde sich auch darüber ausgetauscht, welche Rolle Sicherheit im Leben von Bürger*innen einnimmt und warum diese als Expert*innen ihrer eigenen Leben in die Gespräche um eine nationale Sicherheitsstrategie mit einbezogen werden müssen. Die Bürger*innendialoge, die das Auswärtige Amt über den Sommer in ganz Deutschland veranstaltet hat, waren hierbei sowohl Input als auch Rückversicherung in der Ausarbeitung der Strategie, so Leiter des Planungsstabs, Michael Scharfschwerdt.

Feministische Außenpolitik

Eine feministische Außenpolitik ist ein vielversprechender Ansatz für eine resiliente Sicherheitspolitik. Sie hat einen genuinen Wertehorizont und Querschnittsaspekt, die alle Politikbereiche betrifft. Sie ist Politik, die den Blick auf marginalisierte Gruppen wirft, so Ursula Schröder. Dabei betont feministische Außenpolitik auch Chancen, andere Arten von Sicherheitsbedrohungen zu erkennen, argumentierte Merle Spellerberg. Antifeministische und misogyne Politik und Rhetorik, wie sie von diversen politischen und religiösen Extremist*innen betrieben wird, ist beispielsweise eine essentielle Sicherheitsgefahr für Frauen und marginalisierte Gruppen. Diese müssen in einer nationalen Sicherheitsstrategie mitgedacht werden.

Internationale Einbettung

Die Expert*innen diskutierten darüber hinaus über die Notwendigkeit eines politischen Unterbaus für die Umsetzung der Strategie. Es muss sowohl Vernetzung als auch Steuerung für die Umsetzung der Strategie geben. Die Frage von einem nationalen Sicherheitsrat wurde kontrovers diskutiert.

Das alles funktioniert nur in enger, vertrauensvoller Abstimmung mit unseren internationalen Partnern. Auf diplomatischer, kulturpolitischer Ebene, mit guter entwicklungspolitischer Zusammenarbeit und Weitsinn für die regionalen Bedürfnisse.